Bei der Darlegung des Dzogchen spricht man zuerst vom
Grund; auf Basis dessen, wie der Grund sich verhält, gibt es den
Pfad, und auf dessen Basis gibt es die
Frucht.
Der Grund im Kontext des Dzogchen ist die Buddha-Natur, Tathagarbha. In den Quellen der philosophischen Schule des Madyamaka wird diese Buddha-Natur in erster Linie als die eigentliche Natur des Geistes selbst beschrieben. Ihre Natur ist Leerheit, und sie ist so beschaffen, dass es ein Bewusstseins-Kontinuum gibt, das klar und gewahr ist, das immer schon vorhanden war und das am Ende Buddhaschaft erlangen wird. Denn diese Buddha-Natur ist der grundlegende Faktor, der uns überhaupt ermöglicht, die Ebene der Buddhaschaft und die Kayas der Buddhaschaft zu erlangen. Das ist es, was mit
"Grund" im Dzogchen tatsächlich gemeint ist.
Im Zusammenhang mit dem Grund können wir auch von einem unreinen Zustand sprechen, in dem es uns nicht mehr gelingt, die wahre Natur dieses klaren und reinen Gewahrseins -
Rigpa - zu erkennen. Stattdessen geraten wir unter den Einfluss von Rigpas eigener Energie und innerer Kraft, und wenn diese Energie nicht bleibt, wo sie hingehört, haben die entstehenden Gedanken uns bald in ihrer Gewalt - oder besser gesagt, wir folgen ihnen nach. Da Rigpa sich nicht allein behaupten kann, ist das Resultat
Samsara. Wenn Rigpa jedoch die Oberhand behält, ohne unter den Einfluss der Gedanken zu geraten, ist dies die Basis für
Nirvana.
Wenn man davon ausgeht, dass die Basis für das gesamte Samsara und Nirvana in diesem grundlegenden, angeborenen Geist klaren Lichts - dem nicht zusammengesetzten Rigpa - zu finden ist, ist dies der "Grund" im Kontext des Dzogchen.
Wenn wir nun zur Meditation kommen: sie wird mit den
"drei Unbewegten" praktiziert.
Körper, Sinne und Geist.
Das ist die Basis von der aus man beginnt.
Rigpa ist in der Lage, aller Dinge gewahr zu sein, ohne von gewöhnlichen Gedankenprozessen verunreinigt zu sein oder nach Objekten zu greifen und ihnen hinterherzulaufen.
Unsere grundlegende Natur, diese Essenz von Rigpa, die völlig natürlich ist, ist bereits vorhanden und muss nicht neu entwickelt werden.
Daher werden Sie im Dzogchen direkt in das eingeführt, was bereits vorhanden ist und schon immer war. Wurde Ihnen dies erst einmal vorgestellt und erleben Sie diesen grundlegenden Zustand von Rigpa als eine stabile Präsenz, wird die Kraft des begrifflichen Denkens langsam schwächer werden, während die Kraft von Liebe, Mitgefühl und dergleichen automatisch anwächst. Daraus kann daher eine außergewöhnliche Erfahrung erwachsen.
Die Essenz der Spiritualität besteht nun darin, ständig in uns zu schauen, unseren eigenen Geist, unsere Einstellungen und Handlungen zu untersuchen und zu prüfen und bessere Menschen zu werden. Das bedeutet, positive Gedanken zu stärken und hinsichtlich unserer negativer Gedanken Zurückhaltung und Disziplin zu üben.
Das letztliche Ziel ist, dass wir alle gute Menschen werden sollten - Menschen mit einem Lächeln auf den Lippen.
Der Text vom Dalai Lama ist hier teilweise verkürzt wiedergegeben...
Dzogchen
Die Grosse Vollkommenheit
Seine Heiligkeit der Dalai Lama
Theseus-Verlag