BP... Horror...
endlich etwas... wenn auch "NichtsWirkliches" von UnterWasser... :o(((
12. Juni 2010, 17:35 Uhr
Ölpest im Golf
BP-Zensoren verschleiern die Umweltkatastrophe
Von Marc Pitzke, New York
Am Golf von Mexiko bestimmt BP, wer die Ölpest zu Gesicht bekommt. Die Firma
blockiere die Berichterstattung über die Katastrophe, sagen Journalisten.
Mit riskanten Tricks erlangen Reporter Zugang zur Sperrzone - ihnen bieten
sich grausige Bilder.
Kelly Cobiella kennt sich aus mit dramatischen Storys. Die Reporterin für
CBS News hat schon über Buschfeuer berichtet, über das spurlose Verschwinden
der Schülerin Natalee Holloway in Aruba und die Abberufung des
kalifornischen Gouverneurs Gray Davis. Doch im Mississippi-Delta, da stieß
sie schließlich an ihre Grenzen.
Als Cobiella mit ihrem Kamerateam von der Südspitze des Deltas aus in See
stach, um zu einem ölverdreckten Strand zu fahren, schnitt ihnen ein anderes
Boot den Weg ab. An Bord waren fünf Arbeiter des Ölmultis BP und zwei
uniformierte Beamte der US-Küstenwache.
Die Beamten forderten Cobiella und ihre Kollegen auf, sofort umzukehren,
sonst würden sie verhaftet. "Dies sind die Vorschriften von BP", sagte der
Mann am Ruder, "nicht unsere."
Der Vorfall vom Mai, der auf Video festgehalten wurde (siehe Video unten),
schien anfangs nur ein Einzelfall - ein Missverständnis vielleicht,
behördlicher Übereifer angesichts der eskalierenden Ölkatastrophe im Golf
von Mexiko. "Weder BP noch die US-Küstenwache haben Vorschriften, die den
Medien den Zugang zu betroffenen Gebieten verwehren würden", erklärte
Küstenwachtsprecher Rob Wyman. Bei CBS sei es um "Fragen der Sicherheit"
gegangen.
Inzwischen aber häufen sich die Klagen von immer mehr Journalisten und
Fotografen, die sich daran gehindert fühlen, hautnah über das Desaster zu
berichten. Die Beschwerden kamen erst sporadisch, dann immer häufiger: BP
und die Küstenwache erschwerten ihnen die Arbeit an der Golfküste -
offenbar, um die schlimmsten Bilder des Öls zu zensieren oder zumindest zu
kontrollieren.
AP, die größte US-Nachrichtenagentur, hat sich der Kritik seither ebenso
angeschlossen wie "Newsweek", die "Washington Post" und die "New York
Times". Solche anekdotenhaften Vorfälle, resümierte die "Times" diese Woche,
deuteten auf ein größeres Problem: "Dass die Verantwortlichen die Bilder vom
Ölteppich filtern, die die Außenwelt zu sehen bekommt."
"Es tut mir zutiefst leid"
"Sie versuchen, den Zugang einzuschränken", schimpft auch der demokratische
Abgeordnete Ed Markey, der BP fast täglich mit bösen Briefen zu mehr
Transparenz nötigt.
Die Medienblockade am Golf steht im krassen Gegensatz zu der Imagekampagne,
die BP zeitgleich gestartet hat. Täglich bittet der Konzern, der in den USA
längst zum Feindbild Nummer eins geworden ist, mit ganzseitigen Anzeigen und
einem TV-Spot in Dauerrotation um Vergebung. "Es tut mir zutiefst leid",
sagt BP-Chef Tony Hayward in dem Video, das sonnige Bilder von
Säuberungsaktionen zeigt, aber keine sichtbare Spuren des Öls selbst. "Wir
werden es wieder in Ordnung bringen."
In dem 60-Sekunden-Clip, der 50 Millionen Dollar gekostet hat, versichert
Hayward weiter: "Wir wissen, dass es unsere Verantwortung ist, Sie auf dem
Laufenden zu halten." Die Aufrichtigkeit dieser Aussage ziehen jedoch immer
mehr Beobachter vor Ort in Zweifel.
Zum Beispiel Mac McClelland, ein Reporter für das investigative Magazin
"Mother Jones": McClelland wollte sich den Schaden auf Elmer's Island
anschauen, einem Dünen-Refugium für bedrohte Tierarten in Louisiana. Die
Sheriffs, berichtet er, hätten die Halbinsel jedoch "an jeder Biegung"
abgeriegelt und ihn an ein "BP-Informationszentrum" verwiesen, wo eine
BP-Vertreterin die Sperrung so begründet habe: "Wir haben schon genug blaue
Augen." Warum BP die Hoheit über den Strand übernommen habe? Ihre Replik:
"Dieses Öl gehört BP."
Ted Jackson, Fotograf für die Zeitung "Times-Picayune" in New Orleans, stieß
auf ähnliche Hindernisse - in der Luft. Denn er wollte den Ölteppich von
einem Flugzeug aus inspizieren.
"BP will seine Darstellung in der Presse kontrollieren"
Den Routineantrag der Chartergesellschaft Southern Seaplane auf
Fluggenehmigung habe das BP-Lagezentrum jedoch abgelehnt. Die Begründung, so
Rhonda Panepinto, die Chefin von Southern Seaplane, in der "Times-Picayune":
"Absolut keine Medien oder Presse." Panepinto beschwerte sich schriftlich
bei ihrem republikanischen Senator David Vitter: "BP will seine Darstellung
in der Presse kontrollieren."
Vitters demokratischer Kollege Bill Nelson spürte die Medienbeschränkungen
am eigenen Leibe. Er hatte Reporter und Kameraleute zu einem Erkundungsflug
über den Golf eingeladen. Die Mitfluggenehmigung wurde den Journalisten
jedoch am Vorabend kurzfristig versagt - nicht von BP, sondern vom
US-Heimatschutzministerium. Politiker und Medien, so die Auskunft, würden
generell nicht in derselben Maschine befördert.
Die Küstenwache hat im Benehmen mit BP sowieso über weite Bereiche des Golfs
ein Tiefflugverbot verhängt. Privatmaschinen kommen so nicht nahe genug an
den Ölteppich heran, als dass er sich erkennen ließe. "Du knipst aus einem
Kilometer Höhe durch die Wolken", sagte Fotograf John McCusker der "New York
Times". "Da ist es schwer, den Unterschied zwischen einem Ölflecken und dem
Schatten einer Wolke zu erkennen."
Wie aggressiv BP um die Bilderhoheit kämpft, merkte auch Matt Gutman,
Korrespondent für ABC News. Als der sich am Donnerstag an einem Strand in
Alabama, den BP-Arbeiter gerade säuberten, mit seinem Laptop zu einem
Video-Chat aufbaute, versuchte ein BP-Manager, ihn zu verscheuchen. "Diese
Bedingungen machen es unglaublich frustrierend, hier zu arbeiten", sagte Gutman
in dem anschließenden Chat. "Wohin du auch gehst, du stößt auf Polizeibarrikaden,
auf Leute, die dir verbieten, dieses oder jenes zu tun oder mit Leuten zu
reden."
BP weist die Vorwürfe zurück - halb. "Unsere kategorische Haltung ist es,
den Medien und anderen so viel Zugang wie möglich zu geben, ohne unsere
Arbeit zu kompromittieren", erklärte BP-Sprecher David Nicholas gequält.
Heimliche Führung durchs Katastrophengebiet
Gelegentlich bietet die Küstenwache Reportern an, sie über den Golf zu
fliegen. Diese Flüge verlaufen allerdings unter strikter Aufsicht. "Ich
verstehe, dass es etwas Frustration geben mag", erklärte David Mosley, der
zuständige Offizier der Küstenwache. "Aber es gibt andauernde Bemühungen,
den Anfragen der Medien nachzukommen." Bisher habe man so mehr als 400
Journalisten ausgeholfen.
AP-Chefredakteur Michael Oreskes vergleicht die Lage seiner Leute mit
Reportern, die in Kriegsgebieten wie Afghanistan beim Militär "embedded"
sind, eingebettet. "Es herrschen ständige Anstrengungen, den Zugang zu
kontrollieren", klagte er in der "New York Times". In der Tat offeriert die
Küstenwache besagte Flüge in ihren offiziellen E-Mails als "embedded
flights".
Trotz dieser Probleme sickern mittlerweile erschreckende Bilder und Berichte
aus der Krisenzone durch. Die Reporter schaffen das oft nur mit riskanten
Tricks.
Matthew Lysiak von den New Yorker "Daily News" scheiterte zunächst, als er
Grand Isle besichtigen wollte, eine gesperrte Düneninsel vor Louisiana.
Schließlich habe ihm ein über das Verhalten der eigenen Firma "empörter"
BP-Arbeiter eine heimliche Führung gegeben. Das Ergebnis sei grausig
gewesen.
Ein Foto eines toten Delfins illustriert den Report Lysiaks. "Als wir diesen
Delfin fanden, war er mit Öl gefüllt", zitiert der Reporter den Arbeiter.
"Öl floss nur so aus ihm heraus. Es war ein verdammt trauriger Anblick." Der
Mann selbst sei entsetzt gewesen: "Es wird viel vertuscht. Sie haben uns
spezifisch angewiesen, dass sie keine Bilder von den toten Tieren wollten.
Sie wissen, dass der Ozean die meisten Beweise wegspülen wird."
"Als ich abtauche, ist Öl das einzige, was ich sehe"
Lysiak berichtet von Stränden, die "von geteerten Meereslebewesen übersät"
gewesen seien, "einige tot und andere, die sich unter einer dicken Schicht
Rohöl abkämpften". Als er einen zweiten Strand habe begehen wollen, so
Lysiak, hätten ihn Polizisten forteskortiert. "Sie sagten, sie handelten auf
Befehl von BP."
Andere setzen sogar ihre Gesundheit aufs Spiel, um die Zerstörung zu
dokumentieren. AP-Reporter Rich Matthews schlüpfte in einen Neoprenanzug und
stieg ins ölverseuchte Meer vor Louisiana. "Als ich abtauche, ist Öl das
einzige, was ich sehe", erzählte er. "Zur Linken, rechts, oben und unten.
Unter dem Schlick lebt nichts mehr, aber ich sehe tote Quallen." Auch er
hält das auf Video fest (siehe Kasten).
Selbst Starregisseur James Cameron ("Avatar") blitzte bei BP ab. Cameron,
der seit seiner Erkundung des "Titantic"-Wracks viel Erfahrung mit
Unterwasserkameras hat, bot sich an, die BP-Reparaturarbeiten an der Quelle
des Öllecks am Meeresboden zu filmen. BP lehnte ab. "Das ist, als erstelle
der Straftäter das Polizeivideo vom Tatort", echauffierte sich Cameron im
Sender MSNBC.
Die Angst von BP vor den Ölbildern kommt nicht von ungefähr. Als der
Öltanker "Exxon Valdez" 1989 vor Alaska havarierte, gingen die Fotos toter
Vögel und Fische binnen weniger Tage um die Welt. Sofort gab es weltweite
Boykotte, die Exxon finanziell schwer trafen.
Von Anfang an versuchte BP, den Bild- und Informationsfluss zu steuern. Die
Roboter-Videokamera in der Tiefe schaltete es erst auf Druck des Kongresses
live. Das Scheitern der Operation "Top Kill" gab es erst zu, als ihm die
Reporter auf die Schliche kamen. Und als US-Präsident Barack Obama zum
zweiten Mal nach Louisiana kam, da karrte es eigens rund 600 Aufräumarbeiter
für die TV-Bilder an. Tags darauf waren die wieder verschwunden.
Die Umweltkatastrophe im Golf von Mexiko übertrifft die schlimmsten
Erwartungen von Beobachtern: Die US-Geologiebehörde hat ihre Prognose für
die bislang ausgeflossene Ölmenge erhöht. Der BP-Konzern erwägt nun, seinen
Aktionären die Dividende zu streichen.
12. Juni 2010, 17:35 Uhr
Ölpest im Golf
BP-Zensoren verschleiern die Umweltkatastrophe
Von Marc Pitzke, New York
Am Golf von Mexiko bestimmt BP, wer die Ölpest zu Gesicht bekommt. Die Firma
blockiere die Berichterstattung über die Katastrophe, sagen Journalisten.
Mit riskanten Tricks erlangen Reporter Zugang zur Sperrzone - ihnen bieten
sich grausige Bilder.
Kelly Cobiella kennt sich aus mit dramatischen Storys. Die Reporterin für
CBS News hat schon über Buschfeuer berichtet, über das spurlose Verschwinden
der Schülerin Natalee Holloway in Aruba und die Abberufung des
kalifornischen Gouverneurs Gray Davis. Doch im Mississippi-Delta, da stieß
sie schließlich an ihre Grenzen.
Als Cobiella mit ihrem Kamerateam von der Südspitze des Deltas aus in See
stach, um zu einem ölverdreckten Strand zu fahren, schnitt ihnen ein anderes
Boot den Weg ab. An Bord waren fünf Arbeiter des Ölmultis BP und zwei
uniformierte Beamte der US-Küstenwache.
Die Beamten forderten Cobiella und ihre Kollegen auf, sofort umzukehren,
sonst würden sie verhaftet. "Dies sind die Vorschriften von BP", sagte der
Mann am Ruder, "nicht unsere."
Der Vorfall vom Mai, der auf Video festgehalten wurde (siehe Video unten),
schien anfangs nur ein Einzelfall - ein Missverständnis vielleicht,
behördlicher Übereifer angesichts der eskalierenden Ölkatastrophe im Golf
von Mexiko. "Weder BP noch die US-Küstenwache haben Vorschriften, die den
Medien den Zugang zu betroffenen Gebieten verwehren würden", erklärte
Küstenwachtsprecher Rob Wyman. Bei CBS sei es um "Fragen der Sicherheit"
gegangen.
Inzwischen aber häufen sich die Klagen von immer mehr Journalisten und
Fotografen, die sich daran gehindert fühlen, hautnah über das Desaster zu
berichten. Die Beschwerden kamen erst sporadisch, dann immer häufiger: BP
und die Küstenwache erschwerten ihnen die Arbeit an der Golfküste -
offenbar, um die schlimmsten Bilder des Öls zu zensieren oder zumindest zu
kontrollieren.
AP, die größte US-Nachrichtenagentur, hat sich der Kritik seither ebenso
angeschlossen wie "Newsweek", die "Washington Post" und die "New York
Times". Solche anekdotenhaften Vorfälle, resümierte die "Times" diese Woche,
deuteten auf ein größeres Problem: "Dass die Verantwortlichen die Bilder vom
Ölteppich filtern, die die Außenwelt zu sehen bekommt."
"Es tut mir zutiefst leid"
"Sie versuchen, den Zugang einzuschränken", schimpft auch der demokratische
Abgeordnete Ed Markey, der BP fast täglich mit bösen Briefen zu mehr
Transparenz nötigt.
Die Medienblockade am Golf steht im krassen Gegensatz zu der Imagekampagne,
die BP zeitgleich gestartet hat. Täglich bittet der Konzern, der in den USA
längst zum Feindbild Nummer eins geworden ist, mit ganzseitigen Anzeigen und
einem TV-Spot in Dauerrotation um Vergebung. "Es tut mir zutiefst leid",
sagt BP-Chef Tony Hayward in dem Video, das sonnige Bilder von
Säuberungsaktionen zeigt, aber keine sichtbare Spuren des Öls selbst. "Wir
werden es wieder in Ordnung bringen."
In dem 60-Sekunden-Clip, der 50 Millionen Dollar gekostet hat, versichert
Hayward weiter: "Wir wissen, dass es unsere Verantwortung ist, Sie auf dem
Laufenden zu halten." Die Aufrichtigkeit dieser Aussage ziehen jedoch immer
mehr Beobachter vor Ort in Zweifel.
Zum Beispiel Mac McClelland, ein Reporter für das investigative Magazin
"Mother Jones": McClelland wollte sich den Schaden auf Elmer's Island
anschauen, einem Dünen-Refugium für bedrohte Tierarten in Louisiana. Die
Sheriffs, berichtet er, hätten die Halbinsel jedoch "an jeder Biegung"
abgeriegelt und ihn an ein "BP-Informationszentrum" verwiesen, wo eine
BP-Vertreterin die Sperrung so begründet habe: "Wir haben schon genug blaue
Augen." Warum BP die Hoheit über den Strand übernommen habe? Ihre Replik:
"Dieses Öl gehört BP."
Ted Jackson, Fotograf für die Zeitung "Times-Picayune" in New Orleans, stieß
auf ähnliche Hindernisse - in der Luft. Denn er wollte den Ölteppich von
einem Flugzeug aus inspizieren.
"BP will seine Darstellung in der Presse kontrollieren"
Den Routineantrag der Chartergesellschaft Southern Seaplane auf
Fluggenehmigung habe das BP-Lagezentrum jedoch abgelehnt. Die Begründung, so
Rhonda Panepinto, die Chefin von Southern Seaplane, in der "Times-Picayune":
"Absolut keine Medien oder Presse." Panepinto beschwerte sich schriftlich
bei ihrem republikanischen Senator David Vitter: "BP will seine Darstellung
in der Presse kontrollieren."
Vitters demokratischer Kollege Bill Nelson spürte die Medienbeschränkungen
am eigenen Leibe. Er hatte Reporter und Kameraleute zu einem Erkundungsflug
über den Golf eingeladen. Die Mitfluggenehmigung wurde den Journalisten
jedoch am Vorabend kurzfristig versagt - nicht von BP, sondern vom
US-Heimatschutzministerium. Politiker und Medien, so die Auskunft, würden
generell nicht in derselben Maschine befördert.
Die Küstenwache hat im Benehmen mit BP sowieso über weite Bereiche des Golfs
ein Tiefflugverbot verhängt. Privatmaschinen kommen so nicht nahe genug an
den Ölteppich heran, als dass er sich erkennen ließe. "Du knipst aus einem
Kilometer Höhe durch die Wolken", sagte Fotograf John McCusker der "New York
Times". "Da ist es schwer, den Unterschied zwischen einem Ölflecken und dem
Schatten einer Wolke zu erkennen."
Wie aggressiv BP um die Bilderhoheit kämpft, merkte auch Matt Gutman,
Korrespondent für ABC News. Als der sich am Donnerstag an einem Strand in
Alabama, den BP-Arbeiter gerade säuberten, mit seinem Laptop zu einem
Video-Chat aufbaute, versuchte ein BP-Manager, ihn zu verscheuchen. "Diese
Bedingungen machen es unglaublich frustrierend, hier zu arbeiten", sagte Gutman
in dem anschließenden Chat. "Wohin du auch gehst, du stößt auf Polizeibarrikaden,
auf Leute, die dir verbieten, dieses oder jenes zu tun oder mit Leuten zu
reden."
BP weist die Vorwürfe zurück - halb. "Unsere kategorische Haltung ist es,
den Medien und anderen so viel Zugang wie möglich zu geben, ohne unsere
Arbeit zu kompromittieren", erklärte BP-Sprecher David Nicholas gequält.
Heimliche Führung durchs Katastrophengebiet
Gelegentlich bietet die Küstenwache Reportern an, sie über den Golf zu
fliegen. Diese Flüge verlaufen allerdings unter strikter Aufsicht. "Ich
verstehe, dass es etwas Frustration geben mag", erklärte David Mosley, der
zuständige Offizier der Küstenwache. "Aber es gibt andauernde Bemühungen,
den Anfragen der Medien nachzukommen." Bisher habe man so mehr als 400
Journalisten ausgeholfen.
AP-Chefredakteur Michael Oreskes vergleicht die Lage seiner Leute mit
Reportern, die in Kriegsgebieten wie Afghanistan beim Militär "embedded"
sind, eingebettet. "Es herrschen ständige Anstrengungen, den Zugang zu
kontrollieren", klagte er in der "New York Times". In der Tat offeriert die
Küstenwache besagte Flüge in ihren offiziellen E-Mails als "embedded
flights".
Trotz dieser Probleme sickern mittlerweile erschreckende Bilder und Berichte
aus der Krisenzone durch. Die Reporter schaffen das oft nur mit riskanten
Tricks.
Matthew Lysiak von den New Yorker "Daily News" scheiterte zunächst, als er
Grand Isle besichtigen wollte, eine gesperrte Düneninsel vor Louisiana.
Schließlich habe ihm ein über das Verhalten der eigenen Firma "empörter"
BP-Arbeiter eine heimliche Führung gegeben. Das Ergebnis sei grausig
gewesen.
Ein Foto eines toten Delfins illustriert den Report Lysiaks. "Als wir diesen
Delfin fanden, war er mit Öl gefüllt", zitiert der Reporter den Arbeiter.
"Öl floss nur so aus ihm heraus. Es war ein verdammt trauriger Anblick." Der
Mann selbst sei entsetzt gewesen: "Es wird viel vertuscht. Sie haben uns
spezifisch angewiesen, dass sie keine Bilder von den toten Tieren wollten.
Sie wissen, dass der Ozean die meisten Beweise wegspülen wird."
"Als ich abtauche, ist Öl das einzige, was ich sehe"
Lysiak berichtet von Stränden, die "von geteerten Meereslebewesen übersät"
gewesen seien, "einige tot und andere, die sich unter einer dicken Schicht
Rohöl abkämpften". Als er einen zweiten Strand habe begehen wollen, so
Lysiak, hätten ihn Polizisten forteskortiert. "Sie sagten, sie handelten auf
Befehl von BP."
Andere setzen sogar ihre Gesundheit aufs Spiel, um die Zerstörung zu
dokumentieren. AP-Reporter Rich Matthews schlüpfte in einen Neoprenanzug und
stieg ins ölverseuchte Meer vor Louisiana. "Als ich abtauche, ist Öl das
einzige, was ich sehe", erzählte er. "Zur Linken, rechts, oben und unten.
Unter dem Schlick lebt nichts mehr, aber ich sehe tote Quallen." Auch er
hält das auf Video fest (siehe Kasten).
Selbst Starregisseur James Cameron ("Avatar") blitzte bei BP ab. Cameron,
der seit seiner Erkundung des "Titantic"-Wracks viel Erfahrung mit
Unterwasserkameras hat, bot sich an, die BP-Reparaturarbeiten an der Quelle
des Öllecks am Meeresboden zu filmen. BP lehnte ab. "Das ist, als erstelle
der Straftäter das Polizeivideo vom Tatort", echauffierte sich Cameron im
Sender MSNBC.
Die Angst von BP vor den Ölbildern kommt nicht von ungefähr. Als der
Öltanker "Exxon Valdez" 1989 vor Alaska havarierte, gingen die Fotos toter
Vögel und Fische binnen weniger Tage um die Welt. Sofort gab es weltweite
Boykotte, die Exxon finanziell schwer trafen.
Von Anfang an versuchte BP, den Bild- und Informationsfluss zu steuern. Die
Roboter-Videokamera in der Tiefe schaltete es erst auf Druck des Kongresses
live. Das Scheitern der Operation "Top Kill" gab es erst zu, als ihm die
Reporter auf die Schliche kamen. Und als US-Präsident Barack Obama zum
zweiten Mal nach Louisiana kam, da karrte es eigens rund 600 Aufräumarbeiter
für die TV-Bilder an. Tags darauf waren die wieder verschwunden.
Die Umweltkatastrophe im Golf von Mexiko übertrifft die schlimmsten
Erwartungen von Beobachtern: Die US-Geologiebehörde hat ihre Prognose für
die bislang ausgeflossene Ölmenge erhöht. Der BP-Konzern erwägt nun, seinen
Aktionären die Dividende zu streichen.
Belleeer - 2010-06-14 16:26